Ayelet Gundar-Goshen: Wo der Wolf lauert
Besprechung
Im Mittelpunkt von Ayelet Gundar-Goshens Roman „Wo der Wolf lauert“ steht Lilach Schuster, die zusammen mit ihrem Mann Michael von Israel nach Kalifornien ausgewandert ist. Dort leben sie zusammen mit ihrem 16-jährigen Sohn Adam ein typisch amerikanisches Leben, bis plötzlich zwei Unglücke, die sich nahezu zeitgleich ereignen, das Familienleben erschüttern. Aufgerüttelt wird die Familie gleich zu Beginn des Romans durch einen antisemitischen Anschlag, der in der Synagoge ihrer Gemeinde verübt wird und bei dem ein Mädchen von einem schwarzen Jugendlichen erstochen wird. Kurz darauf bricht der junge schwarze Jugendliche Jamal Jones, der die Nation of Islam bewundert, bei einer Party, bei der auch Adam war, tot zusammen. Die Polizei ermittelt wegen Mordverdacht. Wie Lilach nach und nach herausfindet, hätte ausgerechnet Adam viel Grund gehabt, auf Jamal wütend zu sein, der ihn schon lange gemoppt hat. Die beiden Todesfälle lösen eine Kette von Reaktionen aus, die von unterschwelligem Rassismus und Antisemitismus bis hin zu offener Gewalt geprägt sind. So dauert es z. B. auch nicht lange, bis Jamals Freunde an der Mauer des Schulgeländes mit roter Farbe Adams Namen sprayen, um ihn als jüdischen Mörder auszuweisen und Rache ankündigen. Ungefähr zeitgleich zu den Vorfällen tritt Uri, ein gescheiterter Start-up-Gründer und ehemaliger Brigadegeneral der israelischen Streitkräfte in das Leben der Familie. Lilach misstraut Uri zunächst, der eine Gruppe von jüdischen Jugendlichen für den Nahkampf trainiert und ihnen einredet, sie besäßen eine „israelische Identität“, die es zur Not mit Gewalt zu verteidigen gilt. Michael begrüßt hingegen Adams Teilnahme an dem Krav-Maga-Training. Als sich herausstellt, dass Uri eigentlich Ingenieur ist, vermittelt Michael ihm einen Job in seiner Firma, die Software für hochgeheime Waffensysteme entwickelt. Ein Schritt, den Michael wenig später bitter bereuen wird, da sich Uri Michaels Insiderwissen zunutze macht und der Roman so eine überraschende Wende nimmt.
Didaktische Hinweise
Bei Ayelet Gundar-Goshens Roman handelt es sich um eine spannende und packende Ferien- und Freizeitlektüre, die man lesebegeisterten Schülerinnen und Schülern gerne empfehlen kann. Der Roman gewährt nicht nur einen aktuellen Einblick in die amerikanische Gesellschaft, sondern es wird auch deutlich, wie schnell dramatische Ereignisse, wie hier der Anschlag auf die Synagoge oder der Tod von Jamal, bisher sicher geglaubte Strukturen ins Wanken bringen können. Das führt soweit, dass sich sogar Leilach nicht mehr sicher ist, ob nicht ihr eigener Sohn doch etwas mit dem Tod von Jamal zu tun hat – eine Befürchtung, die gleich im ersten Kapitel des Romans von Leilach in den Raum gestellt, aber nie ganz aufgelöst wird. Ihre Gewissheit, ihr Kind genau zu kennen, gerät ins Wanken. Die antisemitischen Gerüchte, anonymen Botschaften, und hinterhältigen Attacken, die sich nach Jamals Tod häufen, tagen ihren Teil dazu bei, dass Leilachs Annahme, Adam wachse in Amerika sicherer auf als in Israel, sich als Trugschluss erweist. Das, was Leilach bisher angenommen hat, nämlich, dass Adam auf eine sichere Schule geht und es seiner Schusseligkeit zuzuschreiben ist, dass er ständig seine Skateboards, Turnschuhe und T-Shirts verliert, entpuppt sich als fataler Irrtum genauso wie ihr Glaube an Martin Luthers Traum von Gleichheit und Gerechtigkeit. Das Amerika, das Leilach zum Sehnsucht- und Zufluchtsort geworden ist, erweist sich mehr und mehr als Illusion.
Gattung
- All Age
Eignung
für die Schulbibliothek empfohlenAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Englisch
- Sozialkunde/Politik und Gesellschaft
FÜZ
- Werteerziehung
- Soziales Lernen
- Politische Bildung
- Interkulturelle Bildung
Erscheinungsjahr
2021ISBN
9783036958491Umfang
352 SeitenMedien
- Buch