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Judith Hermann: Daheim

Besprechung

Die Erzählerin hat ein Haus an der Ostsee bezogen, denkt über ihr Leben nach und begegnet ungewöhnlichen Menschen. Am Anfang steht ein Rückblick: Arbeit in der Zigarettenfabrik, Blick vom Balkon der Mietwohnung auf die Leuchtreklame einer Tankstelle an der Ausfallstraße, das Angebot, mit einem Schausteller auf einem Kreuzfahrtschiff zu reisen und sich in einer Holzkiste scheinbar zersägen zu lassen. Die eigentliche Erzählung beginnt dreißig Jahre später. Die Reise auf dem Kreuzfahrtschiff hat nicht stattgefunden, die Erzählerin hat Otis geheiratet, mit ihm eine Tochter, Ann, bekommen und sich von ihm getrennt. Sie schreiben einander Kurznachrichten, von der die Welt bereisenden Ann dagegen gibt es meist nur Links zu den Koordinaten ihres jeweiligen Standorts. Die Erzählerin ist zu Beginn des Winters in ein Haus am Rand des Dorfes an der Ostsee gezogen, an dessen Hafen ihr älterer Bruder eine Kneipe betreibt, in der sie ab und zu aushilft. Im Frühjahr zieht Mimi ins Nachbarhaus ein. Sie ist Künstlerin und hatte eine Affäre mit dem Bruder der Erzählerin. Der wird jetzt von Nike, einem viel jüngeren Punk-Girl ohne Zähne gequält. Mimi hat auch einen Bruder, Arild, der den elterlichen Schweinemastbetrieb übernommen hat, in dem sich die Tiere gegenseitig halb massakrieren. Es passiert sonst nicht viel in dem kurzen Roman. Ein Marder stört die Nachtruhe der Erzählerin und soll in eine Falle gehen – eine Parallele zur Holzkiste, in der die Jungfrau zersägt werden sollte. Mimi wird eine Freundin, mit der sie ans Meer zum Schwimmen fährt, und Arild ein merkwürdiger Geliebter, der jedes Mal sorgfältig Zähne putzt und das Licht ausmacht, bevor er ins Bett kommt. Die Geräusche der Schweine begleiten die erste Liebesnacht. Ist das ihre Welt, ist das „daheim“? Die Frage stellt der Erzählerin ihr Bruder und sie beantwortet sie: „Diese Welt ist meine Welt, weil ich gerade hier bin, das ist alles“. So lakonisch ist der Stil Judith Hermanns, so skizziert sie die Ausschnitte aus ihrer Welt. Aber es ist auch eine Geschichte über den Osten, strukturschwach, wie er auch dreißig Jahre nach der sogenannten Wiedervereinigung außerhalb der Großstädte ist. Und eine des Klimawandels: Es regnet nicht mehr. Doch all das wird nicht kommentiert, es ist einfach da. Die Erzählerin hat sich in ihrer Welt eingerichtet.

Didaktische Hinweise

Ein Vergleich mit Judith Hermanns Erzählband „Sommerhaus, später“ (1998), dem man noch eine melancholische Idyllisierung anmerken konnte, bietet sich an. Ein Filmszenario könnte entworfen werden.

Gattung

  • Romane

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2021

ISBN

9783103970357

Umfang

189 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book
  • Hörbuch