Friedrich Dürrenmatt: Das Unternehmen der Wega

Besprechung

Das Geschehen wird dem Präsidenten der „freien, verbündeten Staaten Europas und Amerikas“ als Bildbericht vorgelegt. Sir Horace Wood ist als oberster Vertreter der westlichen Welt in geheimer und angeblich friedlicher Mission mit dem Raumschiff Wega auf dem Weg zur Venus. Dieser als unwirtlich geschilderte Planet dient den Großmächten der Erde als Strafkolonie für Kriminelle und Menschen, die in ihren Staaten die falsche Ideologie vertreten. Der Auftrag Woods lautet, die Bevölkerung der Venus dazu zu bringen, die Amerikaner und Europäer in einem Krieg gegen die Sowjetunion zu unterstützen, bevor diese dasselbe versucht. Es stellt sich heraus, dass die Menschen auf der Venus keine hierarchisch strukturierte Gesellschaft und keine Regierung besitzen; die Menschen sind gleichberechtigt und hauptsächlich mit den mörderischen Lebensbedingungen des Planeten beschäftigt. Wood trifft auf den ihm bekannten Wissenschaftler Bonstetten, der vor zehn Jahren auf die Venus flüchtete, um nicht in der Auseinandersetzung mit den feindlichen Russen instrumentalisiert zu werden. Bonstetten lehnt ab, Wood in einem Krieg für „Freiheit“ und „Humanität“ zu unterstützen, obwohl er weiß, dass die Wega Wasserstoffbomben an Bord hat und diese im Fall der Weigerung zum Abwurf gebracht werden. Wood, kurzfristig sentimental geworden, versichert Bonstetten, von einem Bombenabwurf abzusehen, aber er gibt, sobald er wieder an Bord der Wega ist, den Einsatzbefehl. Kritisiert und hinterfragt wird jegliche Ideologie, die im vorgeblichen Kampf um den Frieden bereit ist, Massenvernichtungsmittel einzusetzen und damit ihre angeblich hehren Zielsetzungen, ihre Moralvorstellungen und ihre Ethik ad absurdum führt. Das Stück parodiert zynisch paradoxe Denkweisen, wie sie der Kalte Krieg in der Nachkriegszeit hervorgebracht hatte.