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Zora del Buono: Gotthard

Besprechung

Anlass und Auslöser der Handlung in Zora del Buonos bereits 2015 erschienenen und 2024 neu aufgelegten Novelle mit dem Titel „Gotthard“ ist die ungewöhnliche Reise des 50-jährigen Berliner Junggesellen und Buchhalters Fritz Bergundthal, der allein ins Tessin zum Gotthardtunnel reist, um dort spektakuläre Züge zu fotografieren. Die Handlung selbst spielt an nur einem einzigen Tag, sie dauert genau 6 Stunden und 23 Minuten. Sie beginnt um 6 Uhr morgens mit Bergundthals Dusche auf einem Campingplatz in der Nähe der Tunnelbaustelle, wo er Quartier genommen hat. An besagtem Tag hat er es auf den „TEE Rae II Gotthardo“ abgesehen, den er zwischen 10.13 Uhr und 10.16 Uhr mit seiner Kamera an einer idealen Stelle erwarten wird. Während für Burgundthal der Campingplatz Urlaubsort ist, sieht er sich im Laufe des Tages mit einer ganzen Reihe an unvorhergesehenen Begebenheiten rund um die nahe gelegene Baustelle des Gotthardbasistunnels konfrontiert. Geradezu stündlich wird er immer tiefer in die freundschaftlichen, familiären und auch erotischen Beziehungen der teilweise recht schrägen Tunnelarbeiter und Talbewohner involviert, für die die Großbaustelle Lebens- und Arbeitsort ist. Zora del Buono hat jeder Figur ein eigenes Kapitel gewidmet, das mit Namen und Uhrzeit den Lauf der Dinge multiperspektivisch dokumentiert. Da sind z. B. die fesche und schrill alternde Dora Polli-Müller mit ihrem Mann Aldo Polli und der burschikosen lesbischen Tochter Flavia sowie die Bauarbeiter Filz, Oberholzer und Tonino und die Damen des Etablissements Alabama. Allen gemeinsam ist es, auf ihre Art und Weise der Einsamkeit oder der Vergangenheit zu entfliehen. Die Baustelle wird für sie alle zum Schicksalsort, wobei die klaustrophobischen, dunklen und heißen Arbeitsbedingungen im Tunnel eine insgesamt angespannte Atmosphäre schaffen, die auf die Figuren abfärbt. Am Ende der geschilderten 6 Stunden und 23 Minuten wird ein Mensch auf drastische Weise aus dem Leben scheiden, eine alte wird Frau wird das Geheimnis lösen, woher ihr Gatte all die Hundertfrankennoten hat, die er ihr immer zusteckt, ein jüngerer Tunnelbauer wird als Spanner enttarnt und ein älterer Kollege wird das erste Mal seine Frau betrogen haben. Ganz nebenbei wird auch noch das Geheimnis eines Jahrzehnte zurückliegenden Mordes gelüftet.

Didaktische Hinweise

Zora del Buonos Novelle „Gotthard” eignet sich gut als Klassenlektüre, da sie durch ihre präzise und klare Sprache sowie die multiperspektivische Erzählweise nicht nur literarisch, sondern auch thematisch interessant ist. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern kann die soziale Dynamik auf der Baustelle erarbeitet werden. Dabei können sie nicht nur die einzelnen Schicksale und emotionalen Konflikte der Figuren ermitteln und diese in Verbindung zueinander setzen, sondern sie erkennen auch deren Einsamkeit, die auf die schwere und monotone Arbeit am Gotthardtunnel zurückzuführen ist. Es wird somit deutlich, wie stark ein Schauplatz die Figuren und ihre Handlungen prägen kann.

Gattung

  • All Age
  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Interkulturelle Bildung
  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2015, 2024

ISBN

9783257247466

Umfang

158 Seiten

Medien

  • Buch