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Dörte Hansen: Zur See

Besprechung

In Dörte Hansens Roman „Zur See“ wird das Leben einer Kapitänsfamilie auf einer namentlich nicht weiter bestimmten Nordseeinsel beschrieben. Alle Figuren im Roman werden nicht nur mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert, sondern auch mit den aktuellen Entwicklungen, die das alte, traditionelle Inselleben stark verändert haben. Als Ursache für die Veränderungen ist v. a. der Tourismus auszumachen, der zur Existenzgrundlage der Inselbewohner geworden ist und der ihren gesamten Alltag bestimmt. Das Leben der Inselbewohner ist geprägt von dem Versuch, sich mit den gegebenen Umständen zu arrangieren und dabei doch noch einen im Grunde nicht mehr vorhandenen Rest der zur Folklore verkommenen Traditionen zu bewahren. Diese Stimmung wird den Leserinnen und Lesern gleich zu Beginn des Romans vermittelt, die gemeinsam mit Ryckmer Sander mit der Fähre auf der Insel ankommen. Ursprünglich war Rykmer Seefahrer wie alle in seiner Familie, heute bringt er jedoch die Touristen vom Festland auf die Insel. Geblieben ist Ryckmer nur noch seine Kapitänsuniform. In den darauffolgenden Kapiteln werden die weiteren Familienmitglieder der alteingesessenen Familie Sander vorgestellt. Während sich Ryckmer schon morgens beim Bäcker seine Ration Alkohol für den Tag kauft, haben die Veränderungen auch den Rest der Familie Sander gezeichnet: Vater Jens hat die Familie bereits vor zwanzig Jahren verlassen. Er lebt mittlerweile zurückgezogen auf einer Düne, wo er Vögel beobachtet. Das Leben von Mutter Hanne ist hingegen immer noch von der ständigen Geschäftigkeit und Ruhelosigkeit geprägt, als sie die Kinderzimmer während der Saison noch an Feriengäste vermietet hat, die gerne ihren Urlaub in dem alten Haus mit dem traditionellen Zaun aus Walknochen verbracht haben. Ryckmer, seine Schwester Eske und sein Bruder Hendrick mussten während dieser Zeit immer ihre Zimmer räumen. Von ihrer Mutter, die die Feriengäste liebevoll in der eigenen Küche bewirtet hat, haben die drei Geschwister in dieser Zeit wenig gehabt. Eske arbeitet mittlerweile im Altenheim auf der Insel. Einmal im Jahr fährt sie auf das Festland, um sich neu zu tätowieren zu lassen. Hendrik stellt aus angeschwemmten Treibholz Kunstwerke und Skulpturen für Touristen her, sein Ruhm als Künstler reicht über die Insel hinaus. Von den Feriengästen kann die Familie Sander schon lange nicht mehr leben, denn diese ziehen der familiären Unterkunft der Sanders die neugebauten Hotels mit Spa vor. Aus den Feriengästen von damals sind Kurzurlauber geworden, wer es sich leisten kann, kauft sich ein Ferienhaus auf der Insel, wobei sich das erträumte Inselglück schnell abzunutzen scheint. Die neuen Inselbewohner bleiben nur kurz, viele verbringen meist nur die Feiertage inklusive Inselgottesdienst in dem erworbenen Domizil, um dann andernorts den Urlaub zu genießen – ein Umstand, der auch dem Inselpfarrer Lehmann zu schaffen macht. 

Didaktische Hinweise

Bei „Zur See“ handelt es sich um einen Roman, der sich in Auszügen sehr gut im Deutschunterricht der Oberstufe einsetzen lässt. Es handelt sich hierbei nicht nur um eine melancholische Geschichte des Niedergangs, sondern der Mikrokosmos des Insellebens, den Dörte Hansen anhand der Familie Sander zeigt, steht stellvertretend für die globale Entwicklung, die der Übertourismus mit sich bringt. Dabei wird nicht nur die Umwelt strapaziert, sondern auch, wie hier anhand der Nordseeinsel exemplarisch gezeigt wird, v. a. auch das soziale Gefüge zerstört. Dies führt zwangsläufig nicht nur zu Entfremdungserscheinungen innerhalb der alteingesessenen Familien, sondern auch zur Entfremdung der gesamten Inselbevölkerung, deren Bewohner es notgedrungen vorziehen, ihrem Tagesgeschäft nachzugehen, bevor die Touristen aufgestanden sind und die Insel bevölkern. Am Ende bleibt die Sehnsucht der Menschen, die nur eines sicher wissen, dass das Leben, das sie gewohnt waren, nie mehr zurückkehren wird.  

Themen:

-       Charakterisierung der Figuren im Roman 

-       Auswirkungen des Tourismus auf die Familie Sander

-       Der gestrandete Wal als Symbol für den Niedergang

-       Kaputte Traditionen 

-       Übertourismus global 

Podcast:
https://www.literaturcafe.de/doerte-hansen-im-gespraech-zur-see-buchmesse-podcast-2022/

 

Gattung

  • Romane

Hörbuchkategorie

  • Hörbuch ohne Textveränderung

Eignung

in Auszügen geeignet und zum Vorlesen

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geografie/Erdkunde

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Familien- und Sexualerziehung
  • Kulturelle Bildung
  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2022

ISBN

9783328602224

Umfang

256 Seiten

Medien

  • Buch
  • Hörbuch