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Willi Fährmann: Der überaus starke Willibald

Besprechung

In einem großen Haus lebt ein Mäuserudel. Der überaus starke Willibald und seine Kumpane, die dicke Hermannmaus und der schlaue Mäusejosef (die Namen sind kein Zufall!), schüren die Angst der Mäuse vor der Katze, um die Führung des Rudels zu übernehmen. Einzig die kluge Lillimaus, ein Albino, setzt sich dagegen zur Wehr und wird in die Bibliothek verbannt, wo sie sich selbst das Lesen beibringt und den anderen Mäusen Geschichten erzählt. Bald aber wird das Erzählen verboten, weil Willibald darin – ganz zu Recht – den Keim des Widerstandes gegen seine Führung verspürt. Mit ihren Bemühungen, die Vorräte der Hausbewohner im „Mäusehimmel“, d. h. die Schinken und Würste, die von der Decke hängen, zu plündern, hat das Rudel wieder keinen Erfolg – und schuld daran sollen Lillimaus und ihr geliebter Mäusephilipp sein. Mäusephilipp wird aus dem Rudel ausgestoßen, worauf Lillimaus wieder mit dem Erzählen beginnt. Deshalb soll nun auch sie verbannt werden. Allerdings finden die Mäuse vorher Speck und wollen ihn fressen, bevor sie Lillimaus aus dem Haus werfen. Lillimaus aber warnt das Rudel, denn der Speck steckt in einer Mäusefalle, was sie an der aufgeklebten Bedienungsanleitung erkannt hat. Willibald gibt nichts auf ihre Warnungen und wird eingeklemmt. Das führt den Umschwung herbei. Der nun sehr lächerlich wirkende Willibald ist entmachtet und die Mäuse haben ihre Freiheit wieder, wollen keinen Anführer mehr und regeln ihre Belange demokratisch. Die Fabel ist eine in sich geschlossene und neben aller Problemhaltigkeit sehr witzig erzählte Geschichte, die sich auch ohne historische Vorkenntnisse zum Faschismus erschließt; aber sie bietet ausgezeichnete Möglichkeiten, das Wirken totalitärer Strukturen und extremistischer Anführer durchschaubar zu machen und Mitläufertum kritisch aufzuarbeiten. Auch in höheren Klassen ist die Lektüre in Zusammenarbeit mit Geschichte variabel einsetzbar und schnell zu lesen, denn der üppig wirkende Umfang von 168 Seiten entsteht durch den sehr großzügig gestalteten Satz. Das Kapitel S. 68 - S. 78 eignet sich hervorragend zum Vorlesen in der Klasse, auch wenn die Lektüre nicht als Ganzschrift gelesen wird. In ihm versucht Lillimaus ihrer Freundin Mäusefriederike in zahlreichen bildhaften Umschreibungen zu erklären, was Lesen für sie bedeutet.

Didaktische Hinweise

Nach einer kurzen Handlungsskizze und dem Vorlesen des Textes können die Schülerinnen und Schüler ihre Assoziationen zum Lesen in Bildern umsetzen und diese anschließend in der Klasse aushängen. Gerade wenn man ihnen freistellt, auch negative Erfahrungen zu thematisieren, ergeben sich daraus interessante Einblicke für Lehrer und Schüler. – Auch für Vertretungsstunden geeignet. Im Arena-Verlag ist der vollständige Text auch als Hörbuch erschienen.

Der Text wird gelesen von Friedhelm Ptok. Die Aufteilung in 18 Kapitel erleichtert das Suchen der gewünschten Textstelle. In Ausschnitten kann das Hörbuch damit passgenau im Unterricht eingesetzt werden. Friedhelm Ptok liest zumeist ruhig und differenziert beim Lesen nach den verschiedenen Rollen. Bei der Rolle Willibalds wird Hitlers Sprachduktus imitiert, was mit älteren Schülerinnen und Schülern kritisch zu untersuchen wäre. Die Kapitelenden und die eingestreuten Lieder werden musikalisch unaufdringlich untermalt. So ist die akustische Aufbereitung ansprechend, aber noch nicht so ausgereift, dass den Schülerinnen und Schülern kein eigener Gestaltungsspielraum mehr bliebe. Ganz im Gegenteil könnte das Hörbuch helfen, die Jugendlichen zum reflektierten Lesen bzw. zu einer Umsetzung des Originalwerkes in einer eigenen Hörspielfassung oder in einem Theaterstück zu animieren. Für den Unterrichtseinsatz ist das Hörbuch daher recht geeignet.

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 6 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte
  • Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)

Erscheinungsjahr

1983

ISBN

9783401019505

Umfang

168 Seiten

Medien

  • Buch