Tania Witte: Einfach nur Paul
Besprechung
Paul ist ein 16-jähriger Teenager, der noch nicht angekommen ist. Mittelpunkt seines Lebens ist Amira. In sie ist er verliebt. Die Welt glaubt, dass er mit ihr zusammen ist. Er weiß, er ist es nicht und wird es auch nie sein können. Für sie singt er in einer Band, obwohl er weder gut singen kann, noch die Musikrichtung mag. Zu Hause mündet jedes Gespräch mit seinem Historiker-Papa in Brüllerei, seine Mutter Charlotte ist ok, seine Schwester schon viel mehr als das. Sie ist es auch, die eines Tages für Bio einen Blutgruppentest mitschleppt. Weil in keiner Geschichte ein Blutgruppentest einfach so nebenbei gemacht wird, steht auch für Paul die Welt plötzlich Kopf: Er ist gar nicht Kind seiner beiden Eltern, Linn ist nur seine Stiefschwester. Sie und Amira sind ihm aber trotzdem ein sicherer Halt auf der Suche nach seiner wahren Identität. So viel sei verraten: Trotz einiger Überraschungen findet er sie und auf dem Weg dahin auch ein Stück sich selbst.
Didaktische Hinweise
Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive Pauls erzählt, so können sich jugendliche Leserinnen und Leser gut in ihn hineinversetzen. Auch wenn Paul selber sich nicht gefunden hat, ist er nach außen hin der anerkannte Frontmann einer Band, der von allen anerkennend gegrüßt wird. Die Diskrepanz zwischen Fremd- und Eigensicht lohnt eine Behandlung im Unterricht: Das Bild, das sich andere von einem machen, muss nicht mit dem eigenen Inneren übereinstimmen. Jeder kann selber (per Edding oder anonym mit PC geschrieben) drei bis fünf Eigenschaften notieren, die ihn selber beschreiben und die er von sich preisgeben will. Die Zettel mit den Eigenschaften werden vom Lehrer im Klassenzimmer ausgelegt. Die restlichen Mitschüler gehen im Klassenzimmer umher und können überlegen, zu wem das Bündel an Eigenschaften wohl am besten passt. Jeder Mitschüler nimmt einen Zettel und versucht, ihn im Kreisgespräch zuzuordnen. Der vermeintliche Mitschüler kann die Richtigkeit aufklären und darlegen, warum er welche Eigenschaften auf dem Zettel notiert hat.
Auch die Frage, wie weit man sich für andere verändert, lohnt einer Diskussion. Als Lehrkraft kann man eine Aussage als Diskussionsgrundlage vorgeben (z.B. „Man soll andere nicht immer verbessern oder korrigieren, nur weil man anderer Meinung ist"; „Es ist in Ordnung, sich der Meinung anderer anschließen, wenn man diejenigen mag, obwohl man selber vielleicht anders denkt"). In der Diskussion, die evtl. mit einer Positionslinie beginnen kann, gilt es, seine Meinung mit einem konkreten Beispiel aus dem Alltag darzulegen.
Die entwickelten Konflikte, an denen Paul ganz schön zu knabbern hat, lösen sich zugegebenermaßen etwas einfach. Für ein Jugendbuch ist das nicht nur in Ordnung, sondern sogar gut. Gerade Jugendliche brauchen die Zuversicht, dass für eine Tür, die zugegangen ist, eine an anderer Stelle öffnen wird. Auch ein Austausch in Kleingruppen von maximal fünf Personen über schwierige Situationen und wie sich diese für einen gelöst haben, macht denjenigen Mut, die noch vor verschlossener Tür stehen. Die Mitglieder der Kleingruppe, die versprechen, Stillschweigen über die Gespräche in der Gruppe zu bewahren, können einander Hilfe sein und durch eigene Geschichte Hilfe sein.
Nicht zuletzt bietet das Buch am Ende auch thematische Anknüpfungspunkte an Queer- und Transgender-Diskussionen. Material bieten viele Plattformen wie zum Beispiel die Bundeszentrale für politische Bildung, die u.a. einem Lexikonartikel zu Queer formuliert hat, oder Planet Schule, das u.a. einen Film anbietet.
Gattung
- Romane
Eignung
als Klassenlektüre geeignetAltersempfehlung
Jgst. 9 bis 10Fächer
- Deutsch
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
FÜZ
- Familien- und Sexualerziehung
- Kulturelle Bildung
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2024ISBN
9783401512808Umfang
272 SeitenMedien
- Buch
- E-Book
- Hörbuch