Susin Nielsen: Adresse unbekannt
Besprechung
Adresse unbekannt ist die bewegende Geschichte des zwölfjährigen Felix und seiner Mutter Astrid, die aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände in die Obdachlosigkeit schlittern. Das Buch beginnt damit, dass Felix Constable Lee in einer Novembernacht erklären muss, warum seine Mutter einen alten VW-Bus gestohlen hat und warum er keine genauen Angaben zu seinem Wohnsitz machen kann. Die Geschichte springt dann zurück in den vergangenen Sommer und Felix beginnt, die traurig-skurrile Lebensgeschichte seiner Mutter zu erzählen.
Felix berichtet von Astrids Jugend und ihrem Beruf als mehr oder weniger erfolglose Künstlerin, von seiner geliebten Großmutter und wie sich nach ihrem plötzlichen Tod die wirtschaftliche Lage für ihn und seine alleinerziehende Mutter dramatisch ändert. Nachdem Astrid die Miete nicht mehr bezahlen kann, ziehen sie in einen alten „vorübergehend entliehenen VW-Bus”. Was sich zunächst wie ein lustiges Abenteuer anfühlt, wird schnell zum Kampf gegen Hunger, Kälte und Arbeitslosigkeit. Besonders Felix leidet unter der Angst, dass ihr fehlender Wohnsitz bei seinen Freunden und Lehrkräften auffällt und er somit in die soziale Isolation gedrängt wird. Als die Situation für ihn und Astrid immer unerträglicher wird, bleibt für ihn nur noch die Hoffnung, Sieger in seiner Lieblingsquizshow zu werden und mit dem Preisgeld einen Neustart für ihn und seine Mutter zu ermöglichen.
Didaktische Hinweise
Adresse unbekannt ist ein lesenswertes Buch über die „unsichtbaren Obdachlosen”: Menschen, ohne festen Wohnsitz, die stattdessen bei Freunden oder Familie unterkommen oder in ihren Autos schlafen. Keine Wohnung zu haben, kann das Leben sehr erschweren: Es kann schwieriger sein, eine Anstellung oder eine Schule zu finden. Wie auch Felix, schämen sich diese Menschen aufgrund ihrer Situation und möchten diese am liebsten verbergen. Die Thematik von Scham und Schuld lässt sich im Deutsch- und Ethikunterricht etwa ab der 6. Jahrgangsstufe aufgreifen.
Um der prekären Situation zu entkommen, formuliert Astrid Lügen unterschiedlichster Art. Felix hat diesen Namen gegeben: da ist z.B. die „Gib-dem-Frieden-eine-Chance-Lüge”, die „Tut-keinem-weh-Lüge” oder die „Jemand-könnte-ein-Auge-verlieren-Lüge”. Über diese unterschiedlichen Arten von Unwahrheiten und ihre jeweiligen Beweggründe sowie Folgen kann die Lerngruppe philosophieren.
Felix´ Freunde Dylan und Winnie spielen eine wichtige Rolle in seinem insgesamt sehr einsamen Leben. Anfangs findet Felix Winnie nervig, doch sie und Dylan entwickeln sich ganz anders, als Felix oder die Lesenden anfangs vermuten. Ein Vergleich der Charaktere bietet sich hier an. Auch die nähere Beschäftigung mit den Nebencharakteren Mr und Ms Ahmadi, Gemüsehändler und ehemalige Flüchtlinge, ist lohnend.
Felix erstellt in Gedanken Listen, um mit seinem schwierigen Leben umzugehen. Er ist ständig auf der Suche nach konstruktiven Lösungen und Alternativen. Hier bietet sich die Fragestellung an: „Worunter würdest du am meisten leiden, wenn du in der Situation von Felix wärst?”

Gattung
- Romane
Eignung
sehr gut als Klassenlektüre geeignet und zum VorlesenAltersempfehlung
Jgst. 6 bis 8Fächer
- Deutsch
- Sozialkunde/Politik und Gesellschaft
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
FÜZ
- Soziales Lernen
- Sprachliche Bildung
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2023ISBN
9783407813282Umfang
272 SeitenMedien
- Buch