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Agi Ofner: Nicht so das Bilderbuchmädchen

Besprechung

„Zara sitzt im Dunkeln und beobachtet den Jungen von gegenüber dabei, wie er weint.” Im ersten Satz des Jugendromans wird die Grundkonstruktion der Geschichte deutlich: Zara kann offensichtlich von ihrem Fenster aus einen Jungen im Haus gegenüber beobachten. Die Frage, die sich Zara stellt, stellt sich auch dem Leser bzw. der Leserin: Wer ist dieser Junge und warum weint er? Zara fühlt mit dem unbekannten Gleichaltrigen und fragt sich: „Was hat dich bloß so ruiniert?” Ihre Erklärungsversuche werden in Zara-Kapiteln erzählt, die sich mit Sam-Kapiteln abwechseln, in denen man seine Sicht der Dinge erfährt. Zara entscheidet sich zu einem ungewöhnlichen Mittel, um Kontakt zum traurigen Nachbarn aufzunehmen: Sie beschriftet Zettel, die sie in der Hoffnung in ihr Fenster klebt, dass der Junge auf sie aufmerksam wird und ihr antwortet. Tatsächlich entsteht eine Art von Fenstertheater, bei dem sie per Fensterzettel miteinander kommunizieren. Wenn es Sam zuviel wird, zieht er den Vorhang zu und beendet damit das Gespräch. Zara schafft es also, Kontakt zum für sie „traurigsten Jungen der Welt” aufzunehmen. Die Gespräche werden zu einer Art gegenseitiger Lebensberatung, denn Zara ist in Josef, einem Jungen aus ihrer Klasse, verliebt, weiß aber nicht, wie sie sich ihm am besten annähern soll. Mit der Zeit wird klar, dass Sam ein großes Problem mit dem schulischen Schwimmunterricht hat, weil dort eine pubertäre Zur-Schau-Stellung der Körperteile stattfindet. Es wird auch deutlich, dass es eine Kluft zwischen seinen Eltern und Sam gibt, die unüberwindlich scheint, denn über ein Thema kann und will er nicht mit ihnen sprechen. Nach einer Reihe von falschen Vermutungen und turbulenten Verwicklungen sieht Zara Sam mit seinen Eltern zufällig im Krankenhaus vor einer Beratungsstelle sitzen und versteht langsam, dass es hier um ein Coming-out geht: Sam wurde als Mädchen geboren, fühlt sich aber als Junge und ist deshalb „Nicht so das Bilderbuchmädchen”. Die Geschichte endet mit dem realen Aufeinandertreffen von Sam und Zara an Weihnachten.

Didaktische Hinweise

Erzählungen zu den Themen Pubertät, Freundschaft und erste Liebe werden in der Schule häufig gelesen. Auch in Agi Ofners Roman geht es um diesen Zustand, in dem alles in Frage gestellt wird, die Sicherheiten schwinden und das Selbstbewusstsein von Kleinigkeiten ins Wanken gebracht werden können. Viel zu selten jedoch geht es um Transsexualität. In der Geschichte spricht Sam von einem „Vorzeichenfehler” und lange bleibt unklar, was er darunter versteht. Genau das ist ein guter Ausgangspunkt für ein Unterrichtsgespräch zum Thema „sexuelle Orientierung” und den Umgang damit. Gerade vor dem Hintergrund, dass an weiterführenden Schulen die Schülerinnen und Schüler immer häufiger damit konfrontiert werden, dass sich Mitschüler und Mitschülerinnen als transsexuell outen, ist eine literarische Beschäftigung mit dem Thema von unschätzbarem Wert. Hier können Vorurteile besprochen und idealerweise abgebaut werden, Verständnis für das Leiden geschaffen und eine tolerante Grundhaltung eingeübt werden. Denkbar ist auch, dass die Schülerinnen und Schüler die Geschichte weiterschreiben, indem sie die Erzählweise, bei der zwischen den beiden Perspektiven in schnellem Wechsel hin- und hergesprungen wird, übernehmen. So wird ihnen klar, dass es nicht nur um eine Sichtweise auf das eigene Leben oder das der anderen geht. Mit diesem Buch werden die BNE-Ziele 5 Geschlechtergleichheit und 4 Hochwertige Bildung bedient.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 9

Fächer

  • Deutsch
  • Familien- und Sexualerziehung

FÜZ

  • Familien- und Sexualerziehung
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)
  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2024

ISBN

9783407813497

Umfang

177 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book