Friedrich Dürrenmatt: Das Versprechen

Besprechung

Der Erzähler hält einen Vortrag über Kriminalromane in Chur. Ein gewisser Dr. H. hört den Vortrag an, zecht mit dem Erzähler und lässt durchblicken, dass er von dem Vortrag nichts hält. Am anderen Tag nimmt er den Erzähler mit zurück nach Zürich. Auf der Fahrt halten sie an einer trostlosen Tankstelle. Ein heruntergekommener Säufer, der sie bedient, ist der ehemalige Kommissär Dr. Matthäi, der einst der beste Polizist war. Anhand von dessen Geschichte, die nun Dr. H. erzählt, will dieser dem Erzähler verdeutlichen, dass die Kriminalromane wirklichkeitsfremd sind, weil dort die Gerechtigkeit meist siegt. Matthäi hatte einst einen Sexualmord an einem Mädchen aufzuklären. Bei seiner Seligkeit verspricht er der Mutter des Mädchens, den Mörder zu finden. Ein des Mordes verdächtigter Hausierer wird fast gelyncht und gesteht unter psychischen Druck den Mord. Er erhängt sich anschließend. Anscheinend ist die Tat damit aufgeklärt. Matthäi glaubt allerdings nicht an die Lösung des Falls. Er schlägt eine Karriere aus und versucht den Mörder zu finden, indem er an einer Tankstelle in einer Schweizer Region arbeitet, durch die, wie er glaubt, der Mörder fahren müsse. Er erstellt ein Täterprofil und benutzt die Tochter einer allein stehenden Frau als Lockvogel. Tatsächlich nimmt der Mörder Kontakt zu dem Mädchen auf, aber der erwartete Täter kommt nicht. Matthäi verliert die Kontrolle über sich, schlägt das Mädchen und verkommt zu einem verwirrten Alkoholiker. Auch als Dr. H. von einer im Sterben liegenden Frau die Identität des durch einen Autounfall ums Leben gekommenen Mörders in Erfahrung bringt, ist Matthäi nicht zu helfen. Er zerbricht an seinem Unvermögen, Gerechtigkeit herzustellen, deren Mechanismen völlig undurchschaubar sind.