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Susanne Abel: Stay away from Gretchen. Eine unmögliche Liebe

Besprechung

Bei dem Roman mit dem Titel „Stay Away from Gretchen. Eine unmögliche Liebe“ von Susanne Abel handelt es sich um ein Stück deutsche Zeitgeschichte, das bisher wenig Beachtung gefunden hat. Der Roman besteht aus zwei sich abwechselnden Handlungssträngen und beginnt in der Gegenwart. Im Mittelpunkt steht der bekannte Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath, der sich Sorgen um seine 84-jährige Mutter Greta macht, die in letzter Zeit immer mehr vergisst. Die zusätzlichen Besuche bei seiner dementen Mutter sind Tom zunächst lästig, da sie sein perfekt durchgetaktetes Leben durcheinanderbringen; sie stellen sich aber im weiteren Verlauf des Romans als Geschenk heraus. Nach und nach erzählt Greta mehr aus ihrem Leben, von ihrer Kindheit in Ostpreußen, der Flucht vor den russischen Soldaten der Roten Armee nach Heidelberg, wo sie zusammen mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und den Großeltern im Jahr 1946 schließlich ein neues Zuhause findet. Als Tom in Gretas Wohnung auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut stößt, verstummt Greta. Es handelt sich, wie sich herausstellen wird, um Toms ältere Schwester Marie. Sie stammt aus der Verbindung Gretas mit dem in Heidelberg stationierten GI Bob, mit dem Greta, trotz des Fraternisierungsverbots, eine Beziehung eingegangen ist. Als sich Maie ankündigt, will Bob seinen Job bei der Army aufgeben und als Jazz-Trompeter in Deutschland sein Geld verdienen. Das Brautkleid ist schon bestellt, als Bob plötzlich nach Amerika zurückkehrt, um einige Dinge zu regeln. Er wird nicht mehr zurückkehren. Nach Maries Geburt wird Greta das Sorgerecht für ihre Tochter entzogen, Marie kommt in ein Kinderheim in der Nähe von Heidelberg, wo sie zur Zwangsadoption freigegeben wird. Sie wird schließlich von einer amerikanischen Familie adoptiert und wächst in den USA auf, ohne von ihren deutschen Wurzeln zu wissen. Nach dem Fund des Fotos beginnt Tom zu recherchieren und stößt dabei auf das Schicksal der sogenannten „Brown Babies“. Dabei handelt es sich um Besatzungskinder, die aus einer Beziehung zwischen deutschen Müttern mit afroamerikanischen GIs hervorgegangen sind und die in der Nachkriegszeit in Deutschland als politisches und soziales Problem angesehen wurden. In der Bevölkerung wurden diese Frauen als „Negernutten“ beschimpft und die Kinder als „Mischlingskinder“ diskriminiert. Auch die US-Behörden verboten Verbindungen zwischen GIs und deutschen Frauen, denn bei der Rückkehr in die USA, so die Begründung der Behörden, würden weiße Frauen mit Mischlingskindern in Schwierigkeiten geraten und soziale Unruhe verursachen. Tom reist schließlich nach Amerika und kann tatsächlich in einem Veteranenheim in New Orleans Bob ausfindig machen, den er dazu überreden kann, mit ihm nach Deutschland zu reisen. Später gelingt es ihm sogar, mittels einer Samenbank seine zunächst totgeglaubte Schwester ausfindig zu machen. Bei allem Glück und Zufall, das Tom wiederfährt, muss er am Ende aber auch einsehen, dass sich die Vergangenheit nicht zurückholen lässt.

Didaktische Hinweise

Susanne Abels Roman „Stay away from Gretchen” eignet sich sehr gut als Klassenlektüre in der Oberstufe. Neben den historischen Fakten stellt „Stay away from Gretchen“ ein eindringliches Zeugnis dar, wie tief der Rassismus auch nach 1945 nicht nur in der deutschen Gesellschaft, sondern auch unter den Amerikanern, obwohl sie Deutschland vom Rassenwahn der Nazis befreiten hatten, immer noch virulent war. So wird nicht nur Greta wegen ihres Kindes diskriminiert, sondern auch Bob erfährt innerhalb der Army Rassismus. Eine Rückkehr nach Amerika stellte für afroamerikanische GIs jedoch keine Perspektive dar, sodass viele afroamerikanische GIs es vorzogen, sich für den Vietnamkrieg zu melden, bevor sie in die von Rassentrennung geprägte Gesellschaft Amerikas zurückkehrten. Auch sprachlich dürfte Susanne Abels Roman die Schüler/-innen ansprechen, da der Roman sehr spannend und packend geschrieben ist. 

Themenbereiche, die der Roman anspricht und die zusammen mit den Schüler/-innen besprochen werden können: 

  • Deutschland nach 1945
  • Flucht und Vertreibung im 2. Weltkrieg /Ostpreußen
  • Leben in den Besatzungszonen (Fraternisierungsverbot)
  • Rassismus (Brown Babies, vgl. hierzu auch dreiteilige Dokumentation von Phönix)
  • Rassismus und Rassentrennung in den USA in den 1950er Jahren
  • Vietnamkrieg
  • Demenz und Traumata

 

Gattung

  • All Age

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Interkulturelle Bildung
  • Kulturelle Bildung
  • Politische Bildung
  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2021

ISBN

9783423282598

Umfang

528 Seiten

Medien

  • Buch
  • Hörbuch