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Eugen Ruge: Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna

Besprechung

Bei dem Roman mit dem Titel „Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna" von Eugen Ruge handelt es sich um eine Zeitreise in die antiken Ruinenstadt Pompeji, die zum damaligen Zeitpunkt von dem Magistraten und Großgrundbesitzer Fabius Rufus regiert wird. Im Mittelpunkt der Handlung steht ein junger Mann namens Josse (alias Josephus, alias Jowna). Josse, Sohn eines Arbeitsmigranten, entstammt der Unterschicht. Sein Vater, ein erfolgloser Metzger, stirbt früh und Josse schließt sich einer Bande an, deren Anführer er wird. Obwohl sich Pompeji noch nicht ganz von dem Erdbeben, das die Stadt im Jahr 62 n. Chr. erschüttert hat, erholt hat, ist die politische Lage stabil und das Leben ist ungewohnt beschaulich. Nur der örtliche Vogelschutzverein bestehend aus einer eher freakige Ansammlung von Pythago­reern, Epikureern, Kynikern, Sophisten und Radikalplatonikern, die sich regelmäßig in der Scheune trifft, liefert sich eine heftige Debatten über die Ursachen des merkwürdigen Vogelsterbens, das auf einem Berg oberhalb Pompejis beobachtet wurde. Josse, der die bizarre Veranstaltung eher spontan aus Langweile aufsucht, kommt genau zum richtigen Zeitpunkt: Genau an dem Abend als er der Versammlung beiwohnt, präsentiert ein eigens aus Sizilien angereister Geologe die Ergebnisse seiner Untersuchung zu der Todesursache zweier Vogelschützer, die erst vor kurzem bei einer Erkundungstour erstickt sind. Die Ursache könnte, so der Geologe, der Berg selbst sein, bei dem es sich um einen Vulkan handeln könnte, der bald ausbricht. Seine Erkenntnisse finden jedoch weder bei den Vogelschützern noch bei der Bevölkerung Pompejis große Beachtung. Ganz anders reagiert Josse auf den Vortrag des Experten, er hält die Hinweise einer tödlichen Gefahr, die aus dem Inneren des Berges kommt, durchaus für überzeugend und erkennt, dass das überstandene Erdbeben nur der Vorbote einer noch viel größeren Katastrophe gewesen sein könnte und so lässt er sich noch am selben Abend zu seiner ersten, noch etwas ungeschickt formulierten Rede hinreißen: „dass uns, den ... äh ... somit Betroffenen, da der Berg sich kaum von der Stelle bewegen wird, wohl kaum etwas anderes übrig bleibt, als uns selbst von der Stelle zu bewegen“ (S. 43). Schnell steigt Josse, der im weiteren Verlauf des Romans sein rhetorisches Talent entdeckt, zum Wortführer einer neuen Bewegung auf, deren Anhänger in sicherem Abstand zur Stadt eine neue Siedlung am Meer gründen wollen. Eine Idee, die das Establishment in Pompeji auf den Plan ruft, man fürchtet nicht nur eine Massenpanik und Abwanderung, sondern auch sinkende Immobilienpreisen. Da nimmt sich Livia Numistria, vermögende Besitzerin diverser Manufakturen in Pompeji mit einem Anwesen in Bestlage, sich auf ihre Art und Weise der Angelegenheit an. Livia merkt schnell, dass Josses revolutionäre Pläne nicht nur ihr, sondern auch der Elite Pompejis gefährlich werden können und setzt alle ihre weiblichen Reize ein, um Josse bei süßem Wein und Austern gefügig zu machen. Livias Plan geht schnell auf, Josse erliegt ihrer Schönheit und Anziehungskraft und lässt sich von ihr überzeugen, dass es für ihn politisch viel besser wäre, von einem Ansinnen einer neuen Siedlung abzulassen, denn es zeigt sich, dass am Ende auch Josse sein eigenes gesellschaftliches Fortkommen wichtiger ist als die Rettung der Bevölkerung vor der drohenden Naturkatastrophe. Schnell wir er zum Spielball der Mächtigen und lässt sich überzeugen, einen neuen Gegen-Verein zu gründen, den „Vulkanverein“. Fortan setzt Josse seine gesamtes rhetorisches Geschick dafür ein, die Menschen davon zu überzeugen, in der Stadt zu bleiben und die Götter um Schonung zu beten. Denn, so Livia„Niemand interessiert sich dafür, was du gestern gesagt hast. Sie wollen wissen, was du heute sagst. Die politische Wahrheit, mein Lieber, ist keine Frage von Fakten und Beweisen“ (S. 231).

Didaktische Hinweise

„Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna" eignet sich in Auszügen sehr gut zum Einsatz in Latein, Deutsch- und Ethikunterricht. Neben den zahlreichen historischen Figuren und Fakten, die im Roman auftauchen und die den Schülerinnen und Schülern aus dem Lateinunterricht bekannt sein dürften, weist der Roman erstaunliche Parallelen zur Gegenwart auf: Es handelt sich bei der Pompejanischen Gesellschaft um eine selbstsüchtige, dekadente Gesellschaft, die alle Warnungen vor der bevorstehenden Katastrophe nicht hören will. Experten, die vor den Gefahren warnen, werden nicht ernstgenommen oder als Störenfriede entlarvt – eine Parallele zum Klimawandel und der Umgang mit diesem in der Gesellschaft liegt auf der Hand und lässt sich gut zusammen mit den Schülerinnen und Schüler aus dem Roman herausarbeiten – dabei zeigt sich aber auch schnell der entscheidende Unterschied: die der Katastrophe in der Antike nicht menschgemacht, sondern es hat sich um eine gewaltige Naturkatastrophe gehandelt. Am Ende geht es aber in „Pompeji oder Die fünf Reden des Jowna" auch um die Macht der Rhetorik und die Möglichkeit bzw. der ihr inhärenten Gefahr, mit Worten, Menschen zu manipulieren, womit sich der Roman auch sehr gut eignet, in eine Unterrichtseinheit „Rhetorik“ eingebunden zu werden. 

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte
  • Latein
  • Philosophie
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Interkulturelle Bildung
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)
  • Politische Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2023

ISBN

9783423283328

Umfang

368 Seiten

Medien

  • Buch