Sigrid Damm: Goethe und Carl August. Wechselfälle einer Freundschaft
Besprechung
Die langjährige Beziehung zwischen dem Herzog von Weimar und seinem bürgerlichen Minister J.W. von Goethe ist eng, aber auch von unterschiedlichen Ansichten geprägt. Bei einem gemütlichen Essen mit Freunden von der Nachricht des Todes seines Freundes „gestört“ zu werden, passt Johann W. von Goethe gar nicht. Mit dieser befremdlichen Szene beginnt die quellengestützte Darstellung. Zum Tod des 10 Jahre jüngeren Herzogs 1828 führt die Geschichte gegen Ende wieder zurück. Danach folgt ein Kapitel, das Goethes ungewöhnliche Bewältigung seiner Trauer um den Freund schildert. Carl August holt sich den schon als Verfasser des Bestsellers „Die Leiden des jungen Werthers“ berühmten Dichter 1775 nach Weimar, damit er ihm als Minister diene und seinen Hof als Dichter schmücke. Letzteres klappt zunächst nicht, die Amtsgeschäfte nehmen den jungen Mann ganz ein. Das führt auf lange Sicht zur Flucht Goethes nach Italien 1787 und dann zu seiner Entlastung von den meisten Staatsdiensten. Dazwischen entwickelt sich eine schwierige Freundschaft zwischen dem junge Herzog und dem Dichter. Carl August ist an Kriegsgeschäften und Politik interessiert und kein Freund des „Emporkömmlings“ Napoleon. Goethe, sein „Waffenbruder“ wie er ihn nennt, begleitet ihn nach 1792 Frankreich und empfängt 1808 Napoleon, inzwischen Sieger von Jena und Auerstädt, am Frauenplan. Nach Napoleons Russlandfeldzug 1812 unterstützt Carl August die freiheitlichen Bewegungen der Burschenschaften, besonders die Pressefreiheit. Goethe lehnt das ab und es kommt immer wieder zu höflichen, aber doch eindeutigen Uneinigkeiten. Beide halten an ihrer Freundschaft fest, selbst als Goethe die Wirren der französischen Besatzung nützt, um die übel beleumundete Christiane Vulpius zu heiraten, auch als der Herzog Goethe die Intendanz des Weimarer Hoftheaters entzieht. Manchen Sommer fahren beide nach Teplitz und flirten wohl auch mit denselben Hofdamen der Kaiserin von Österreich. Dann wieder sehen sie sich monatelang nicht. Als Carl August auf einer Reise nach Berlin stirbt, distanziert sich Goethe auf die von ihm bekannte Art von allen offiziellen Trauerbekundungen und zieht sich, seine Trauer in Briefen und Gedichten verarbeitend, auf ein Schloss des Herzogs zurück, bis alles vorbei ist. Es hatte wohl vor allem familiäre Gründe, dass Goethe, Bürger der freien Reichsstadt Frankfurt, sich an so ein kleines Fürstentum band. Er war unglücklich verliebt aus dem Elsass zurückgekehrt und fühlte sich durch seinen Vater bevormundet. Weimar und die herzogliche Familie boten ihm ein fürstliches Auskommen, zum Beispiel das Haus am Frauenplan, und nach der Rückkehr aus Italien auch die erwünschte Freiheit. Dass er politisch deutlich konservativer ist als der Fürst, überrascht eigentlich nicht. Sigrid Damm schildert das in sieben Kapiteln anhand zahlreicher Zitate aus Briefen und Tagebüchern.
Didaktische Hinweise
Die Geschichte der Napoleonischen Feldzüge in und durch Deutschland und die der des Wartburgfests und der Restauration unter Metternich erfährt man anhand dieser Freundschaftsgeschichte. So kann das Buch Grundlage für ein Referat oder Material für eine Seminararbeit sein. Recherchemöglichkeiten bietet auch das Goethezeitportal. Infos für passende Klassenreisen nach Weimar gibt es hier.
Gattung
- Sachbücher
Sachbuchkategorie
- Biografien, Autobiografien, Porträts
- Geschichte, Archäologie
- Literatur, Lesen, Sprache
Eignung
in Auszügen geeignetAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
- Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
FÜZ
- Kulturelle Bildung
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2020ISBN
9783458178712Umfang
320 SeitenMedien
- Buch
- E-Book