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Serhij Zhadan: Internat

Besprechung

Bei dem Roman mit dem Titel „Internat“ des diesjährigen Trägers des Friedenspreises des deutschen Buchhandels Serhij Zhadan handelt es sich um einen eindringlichen und leider auch aktuellen Kriegsroman. In ihm zeigt der Autor, wie schnell es gehen kann, dass sich die vertraute Umgebung von heute auf morgen in ein unheimliches und fremdes Territorium verwandeln kann. Ort der Handlung ist der umkämpfte Donbass. Im Mittelpunkt des Romans steht der junge russischsprachige Lehrer Pascha, der seinen 13-jährigen Neffen Sascha aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause holen soll. Pascha, der stark kurzsichtig ist und seine rechte Hand nur eingeschränkt bewegen kann, ist nach dem Studium in einer ungenannten Großstadt wieder nach Hause in das heruntergekommene Haus in die Ostukraine zu seinem Vater – die Mutter ist früh verstorben – zurückgekehrt. Seine Freundin Marina hat ihn nach Beginn der Kampfhandlungen 2014 verlassen, da Pascha sich politisch nicht positionieren wollte. Am wohlsten fühlt Pascha sich zu Hause, wenn er mit niemandem sprechen muss – alles Eigenschaften, die in einem plötzlich ausbrechenden Krieg und in seiner neuen, ihm ungewollt aufgezwungenen Rolle als Zivilist nicht gerade hilfreich sind. Auch Paschas Zwillingsschwester ist nach dem Scheitern ihrer Ehe wieder beim Vater eingezogen. Da sie ihren Sohn nicht selbst aus dem Internat holen kann, macht sich Pascha, der eigentlich gegen die Entscheidung seiner Schwester war, den Jungen in das Internat „abzuschieben“, notgedrungen auf den Weg. Seine Reise durch seine Heimatstadt, die seit dem brutalen Angriffskrieg zum kriegerischen Konfliktgebiet geworden ist und in der mittlerweile das komplette zivile Leben zusammengebrochen ist, wird für Pascha und seinen Neffen Sascha zu einem Gang durch die Hölle: Maschinengewehre rattern, Minen explodieren, apathische Menschen stolpern neben herrenlosen Hunden orientierungslos durch eine apokalyptische urbane Landschaft. Neben der vertrauten Umgebung, die es von einem auf den anderen Moment nicht mehr gibt, verschwinden die vertrauten sozialen Rollen, die der Gesellschaft Halt und Struktur gegeben haben. Paschas Rolle als Lehrer, von dem man Hilfe und Überblick und Orientierung an der alten Ordnung erwartet hat, greift in einem hybriden Krieg, der nicht nur mit Waffen, sondern auch durch gezielte Desinformation geführt wird, plötzlich nicht mehr. 

Didaktische Hinweise

Bei Serhij Zhadans Roman handelt es sich um einen sehr düsteren und komplexen Kriegsroman, in dem v. a. die geschilderten Eindrücke überwiegen. Zhadans Text eignet sich in Auszügen sehr gut zum Einsatz im Unterricht, da es sich um ein hoch aktuelles Beispiel von Kriegsliteratur handelt. Es lassen sich nicht nur Parallelen zur Kriegslyrik des Expressionismus und zu Erich Maria Remarques „Im Westen nichts Neues“ ziehen, sondern die kafkaeske Situation der unergründlichen, umfassenden Bedrohung, die Zhadan beschreibt und in der sich jede Ordnung auflöst, lassen einen entsprechenden Vergleich zu, der umso stärker die Sinnlosigkeit und Absurdität von Krieg zeigt.

Gattung

  • Romane

Eignung

begleitend zur Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Politische Bildung
  • Soziales Lernen
  • Interkulturelle Bildung
  • Kulturelle Bildung

Erscheinungsjahr

2018

ISBN

9783518428054

Umfang

300 Seiten

Medien

  • Buch