Christoph Hein: Gegenlauschangriff
Besprechung
Christoph Hein erzählt in 28 Anekdoten Geschichten „aus dem letzten deutsch-deutschen Kriege“, wie es im Untertitel heißt. Mit dieser Anlehnung an Heinrich von Kleist („Anekdoten aus dem letzten preußischen Kriege“) verweist der Autor auf den so genannten Kalten Krieg und die Zeit der Trennung Deutschlands. Er schildert kurze Begebenheiten, z. B. von der Entzweiung einer Freundschaft, verursacht durch den Vater des Freundes, der ihn, den Pfarrerssohn und Republikflüchtling, nie akzeptiert hatte. Auf perfide Art und Weise sorgte er, der DDR Kulturminister, dafür, dass Hein an der Leipziger Kunsthochschule abgelehnt wurde. Gerade durch solche persönlichen Geschichten wird im Jahr 30 nach der Wiedervereinigung deutlich, wie absurd das DDR-Regime agiert hat und warum der Begriff „Unrechtsstaat“ seine dringende Berechtigung hat. Politische Bildung im Deutschunterricht lässt sich mit diesem Buch hervorragend realisieren.
Didaktische Hinweise
- Erarbeitung der Merkmale der literarischen Gattung der Anekdote anhand ausgewählter Anekdoten (Gero von Wilpert in seinem Sachwörterbuch der Literatur: „Prägnante Knappheit der objektiven Geschehensdarstellung und schlagkräftiger Aufbau der Pointe, die blitzartig Zusammenhänge erleuchtet, sind Haupterfordernisse dieser Gattung.“)
- (Literatur-)Geschichte: Aufzeigen der schwierigen Bedingungen für Schriftsteller und Theaterschaffende in der DDR (zermürbender Kampf gegen die Zensur, Warten auf Druckfreigabe), Prozess der Wiedervereinigung aus der Sicht eines ostdeutschen Schriftstellers, Folgen für den Literaturbetrieb
- Möglichkeit der Erarbeitung eines Portraits des Schriftstellers Christoph Hein
- Spannende Rezeptionsgeschichte: In der 13. Ausgabe des Magazins „DER SPIEGEL“ (2019) antwortet Volker Weidermann in seinem Beitrag „Ein Schurkenstück“ (S.110-113) auf die Anekdote „Dass einer lächeln kann und lächeln“ von Hein. In dieser erzählt er von einer Begegnung mit einem SPIEGEL-Redakteur 1993, der früher DDR-Korrespondent war. Dieser habe ihn mit der Aussage begrüßt „Herr Hein, wir haben leider nichts gegen Sie in der Hand“. Gemeint sind laut Hein ehrenrührige Informationen über ihn aus seinen Stasi-Akten. Während Christoph Hein den namentlich nicht genannten Redakteur als Schurken bezeichnet, empfindet Weidermann die Selbstverteidigung von Heins Erinnerung gegen alle rekonstruierbaren Fakten, die gegen die Schilderung Heins sprechen, als beleidigend. Für Weidermann ist Christoph Hein ein durch zahlreiche persönliche Kränkungen und vor allem durch den Bedeutungsverlust nach der Wende verbitterter Autor.
Gattung
- Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher
Eignung
in Auszügen geeignetAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
FÜZ
- Kulturelle Bildung
- Politische Bildung
- Sprachliche Bildung
Erscheinungsjahr
2019ISBN
9783518469934Umfang
123 SeitenMedien
- Buch
- E-Book