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Alois Prinz: Franz von Assisi

Besprechung

Tierschützer, Minimalist und Friedensstifter

Die Leserinnen und Leser begeben sich mit Alois Prinz auf Spurensuche nach Italien: Der renommierte Verfasser von Biografien machte sich auf den Weg von Assisi nach Rom, um einem der bekanntesten Heiligen der katholischen Kirche nachzuspüren. Ihn interessiert, wer dieser Mann war, der seinen Traum von einer armen Kirche und einer klassenlosen Gesellschaft radikal gelebt hat und der mit seinem Sonnengesang seiner Achtsamkeit gegenüber der Natur poetischen und musikalischen Ausdruck verliehen hat.

Prinz erzählt die Geschichte des Francesco (deutsch: Franziskus) Bernadone, der 1181 oder 1182 in Assisi als Sohn reicher Tuchhändler auf die Welt kam. Er erlebt den Beginn einer modernen Welt, in der Geld, freier Handel, Arbeit, wirtschaftlicher Erfolg und Wohlstand für ein neues bürgerliches Selbstbewusstsein sorgten und damit das alte Feudalsystem erschütterten. In diesem ersten Teil seines Lebens wurde der junge und beliebte Franziskus zum „Aushängeschild" der Firma Bernadone. Folgt er zunächst noch seinem Traum, Ritter zu sein und Ruhm zu erwerben, muss er doch langsam erkennen, dass er falschen Idealen nachfolgte. Er kann es zwar noch nicht benennen, aber etwas radikal Schönes stellt sich bei ihm ein, das ihn langsam verändert. Er macht sich auf die Suche nach diesem Glücksgefühl und erkennt, dass es sich dann einstellt, wenn er die Angst davor verliert, Geld zu verlieren. Diese Erkenntnis wird für ihn lebensentscheidend: Wenn er die Bitternis, die Ängste überwindet, verwandelt sich der Ekel in Süßigkeit der Seele und des Leibes. Eine große Angst stellen für ihn die Pläne seines Vaters dar. Als Franz Tuchballen aus dem Geschäft des Vaters entwendet, um mit dem Geld eine verfallene Kirche wieder aufzubauen, kommt es zum Eklat: 1206 kommt es sogar zu einer Gerichtsverhandlung vor dem Bischofspalais, bei der sich Franz ganz entkleidet und dem Vater seine Kleidung und sein Geld zurückgibt, da er verstanden hat, dass ihm Ansehen, Macht, Erfolg und Einfluss nicht frei machen, sondern für Bitternis sorgen. In der Folgezeit wird er zum Einsiedler, der zwar frei aber noch ohne konkreten Plan für sein Leben ist. Der Legende nach wird er zum religiösen Menschen, als er ganz bewusst die Aussendungsreden im Matthäus-Evangelium hört. Erst jetzt versteht er, dass die Nachfolge Jesu das fehlende Puzzlestück in seinem Leben war. Er ist damit kein Theologe im akademischen Sinn, sondern vielmehr ein authentischer Prediger, der von seinem Glauben erzählt. Sein Leben in freiwilliger Armut spricht viele Menschen an, die sich ihm anschließen wollen. Franz will sich aber nicht einem der bestehenden katholischen Orden anschließen, sondern seine Vorstellung einer hierarchielosen Gemeinschaft der Minderbrüder leben. Prinz erzählt auch von Franziskus‘ Friedensmission während des fünften Kreuzzugs in Ägypten. In den letzten Lebensjahren ist Franziskus von verschiedenen Krankheiten schwer gezeichnet. Nicht nur deswegen übergibt er die Leitung der Gemeinschaft an Bruder Elias, der dafür sorgt, dass gegen Franz‘ Willen ein kontrollierter Orden entsteht. Franz zieht sich zurück, um von Gott eine Bestätigung für seine radikale Haltung zu erhalten. Auf dem Berg La Verna hat Franz ein mystisches Erlebnis, bei dem die göttliche Botschaft gelebte Realität wird. Der Legende nach erhält er hier die Stigmata. 1226 stirbt zwar Franziskus, aber seine Spiritualität und seine Utopie wird bis heute nicht nur in seiner breiten geistigen Bewegung in Form eines Bettelordens von vielen Menschen wachgehalten.

Didaktische Hinweise

Prinz versucht die Schichten des Superheiligen und unerreichbaren Idols, zu dem Franz von Assisi unmittelbar nach seinem Tod gemacht wurde, Stück für Stück abzutragen. Damit folgt er einem Ansatz, der auch bei der Schau „San Francesco – der Heilige aus Assisi" im Freisinger Diözesanmuseum ebenfalls sichtbar wird. Der Biograf macht deutlich, dass Franziskus auch heute noch durch seinen Respekt vor anderen Religionen (v.a. vor dem Islam), seiner Solidarität mit den Armen, seiner Achtung vor der Natur, seiner revolutionären neuen Haltung zur Welt und seinem einmaligen Naturverständnis wegweisend ist.

Daran knüpft auch der Papst an, der sich 2013 den Namen Papst Franziskus gab, um an den Heiligen zu erinnern. In seiner lesenswerten Enzyklika „Laudato sì" rekurriert das Oberhaupt der katholischen Kirche auf den Sonnengesang des Franz von Assisi (Text im Anhang des Prinz-Buches: Welches Kind kennt nicht das Kirchenlied „Laudato sì o mio signore"?), der erstmals in einem Lehrtext davon spricht, dass Umweltschutz, Armutsbekämpfung und der Einsatz für die Menschenwürde zusammen gehören. Im Grunde genommen kann z.B. in einem Referat Franziskus in verschiedenen Fächern vorgestellt werden als einer, der für eine Kultur des Aufhörens und der Bereitschaft zur Reduktion steht.

Der heilige Franziskus war seiner Zeit weit voraus. Heute würde man sagen, dass er die Ziele für nachhaltige Entwicklung Frieden und Gerechtigkeit (16), Leben am Land (15) und Weniger Ungleichheiten (10) verfolgt hat.

Franz von Assisi ist natürlich im Religionsunterricht fester Bestandteil in den Lehrplänen der verschiedenen Schularten, wie z.B.

  • Katholische Religionslehre 7 Lernbereich 4: Kirche zwischen Macht und Spiritualität: christliche Grundüberzeugungen und gesellschaftliche Lebensweisen im Mittelalter (Gymnasium)
  • Katholische Religionslehre 8 Lernbereich 1: Was ist der Mensch? Die Frage nach der Stellung des Menschen in der Schöpfung (Gymnasium)
  • Evangelische Religionslehre 1/2 Lernbereich 3: Unsere Welt – Gottes Schöpfung (Grundschule)
  • Katholische Religionslehre 8 Lernbereich 4: Nachfolge – heute aus dem Geist Jesu Christi leben (Mittelschule)

Vertiefend kann die Vertonung des Sonnengesangs von Angelo Branduardi und der Film „Fratello sole, sorella luna" von Franco Zeffirelli im Unterricht thematisiert werden.

Gattung

  • Sachbücher

Sachbuchkategorie

  • Biografien, Autobiografien, Porträts
  • Philosophie, Religion, Menschsein

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Italienisch

FÜZ

  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)
  • Kulturelle Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2023

ISBN

9783522305907

Umfang

254 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book