Thomas Mann: Mario und der Zauberer. Ein tragisches Reiseerlebnis
Besprechung
Im ersten Teil der Erzählung werden wir in ein atmosphärisch angespanntes Milieu eingeführt, in dem sich u. a. nationalistische Überspanntheit mit Mediokrität verbindet; die Nacktheit der kleinen Tochter des Erzählers am Strand wird höchst emotional als Verletzung der nationalen Ehre und Würde Italiens interpretiert. Gerade auf Abbau personaler Würde zielt dann aber die abendliche Vorstellung des verkrüppelten Cipolla, der Kraft seines Willens sein Publikum immer mehr in einen hypnotischen Bann zieht. Am Höhepunkt seiner Vorstellung und seines Machtrausches bringt er den unglücklich verliebten jungen Kellner Mario dazu, ihn für seine Geliebte zu halten und zu küssen. Als Mario aus seiner Hypnose erwacht und sich in seinen Gefühlen bloßgestellt sieht, erschießt er Cipolla auf offener Bühne. Cipolla, eine Führer-/Verführer-Figur, in der sich dämonisch-gauklerhafte mit (homo-)erotischen Elementen verbinden, löst im Betrachter wie im Publikum ambivalente Gefühle aus, zwingt doch allein die Willenskraft, mit der der hässliche Alte die anfängliche Lächerlichkeit seiner Gestalt überspielt, selbst den kritisch eingestellten Erzähler zu Anerkennung. Einerseits ist Cipolla ein gewisses Künstlertum nicht abzusprechen, andererseits ist seine Vorstellung eindeutig als Warnung vor einer Diktatur über den freien Willen anderer zu verstehen.
Didaktische Hinweise
kunstvoller Aufbau (novellengleich), ausgeprägte Leitmotivik; Sprachanalyse; Aufsatzunterricht: literarische Erörterung, Problemerörterung, Textanalyse- Projekt: Fächerübergreifender Vergleich von Führerfiguren
Gattung
- Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Geschichte
- Psychologie
- Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)
Erscheinungsjahr
2000 (1930)ISBN
9783596213819Umfang
127 SeitenMedien
- Buch