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Caroline Wahl: 22 Bahnen

Besprechung

„Das hier sollte hier nie eine Liebesgeschichte werden. Das sollte wenn, dann Idas und meine, vor allem Idas Heldinnengeschichte werden, in der sich Ida von Mama befreit” (S. 188). Was für ein Satz! Es ist Tilda, die ältere Schwester von Ida, die ihn spricht. Die Alkoholsucht der Mutter bestimmt den Alltag der beiden Töchter. Tilda kann kein unbeschwertes Studentenleben wie ihre Freundin Marlene führen. Sie besucht ihre Veranstaltungen an der Universität, muss aber nebenbei an einer Supermarktkasse jobben, um die Familienkasse aufzubessern. Für ihre viel jüngere Schwester ist sie die Bezugsperson, die sich wirklich um sie kümmert, da ihre Mutter aufgrund ihrer Sucht lebensuntauglich ist. Tilda lebet ein Leben unter Vorbehalt: Sie kann nicht einfach auf eine Party gehen, einer Verliebtheit nachgehen oder das Angebot einer Promotionsstelle im fernen Berlin annehmen, ohne sich zu fragen, wie ihre Schwester Ida das alleine mit der Mutter schaffen soll. Dieses Grunddilemma liegt der ganzen Erzählung zugrunde. Es ist Tilda klar, dass sie sich, genauso wie ihre kleine Schwester, von der Mutter befreien müssen, wenn sie ein eigenständiges und womöglich glückliches Leben führen wollen. Tilda versucht sich zu befreien, indem sie mit großem Pragmatismus – nicht umsonst studiert sie Wahrscheinlichkeitsrechnung – ihren Umgang mit der Mutter gestaltet. Gleichzeitig braucht sie Strategien, um ihre eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Das Schwimmen von 22 Bahnen ist dabei ein wichtiges Moment, um den Kopf wieder klar zu kriegen. Ihre Mission ist außerdem, Ida fit zu machen für eine Zeit, in der sie alleine mit der Mutter klar kommen muss.

Am Ende des Romans ist klar, dass es doch auch eine Liebensgeschichte ist, die hier erzählt wird. Es ist auch nicht übertrieben, die beiden als Heldinnen zu bezeichnen, denn sie müssen mehr ertragen und bewältigen als die meisten in ihrem Alter.

Didaktische Hinweise

Wenn Literatur auch dazu dient, bei der eigenen Lebensbewältigung zu helfen, dann ist dieser Roman ein gutes Beispiel dafür. Wahrscheinlich gibt es gar nicht so wenige Schülerinnen und Schüler, die sich in Idas und Tildas Situation hineinversetzen können, weil sie selbst ähnliche Situationen erlebt haben.

Aber auch ohne selbst ein Kind suchtkranker Eltern zu sein, bietet sich dieser Roman an, um im Unterricht herauszuarbeiten, mit welchen Strategien die beiden Mädchen auf das Verhalten der Mutter reagieren. Wie schaffen es Ida und Tilda, sich von ihr unabhängig zu machen? Was hat dazu geführt, dass Ida über sich hinaus wächst? Wie schafft es vor allem Tilda, ihrer Mutter trotz all des brutalen Versagens und Fehlverhaltens, der täglichen Enttäuschungen und Beschimpfungen dennoch eine kindliche Liebe entgegenzubringen?

Dieses Buch kann Schülerinnen und Schülern Mut machen, trotz allem nicht aufzugeben. Es bestärkt darin, nicht zu hassen. Als Heldinnen des Alltags bieten Tilda und Ida Potential, um sie als Vorbilder anzusehen.

Mit dem Roman wird das BNE-Ziel 3 Gesundheit und Wohlergehen behandelt.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Werteerziehung
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)

Erscheinungsjahr

2023

ISBN

9783832168032

Umfang

205 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book
  • Hörbuch