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Franz Kafka: "Du bist die Aufgabe"

Besprechung

Kafka notierte während eines etwa acht Monate andauernden Aufenthalts bei seiner Schwester Ottla in Zürau in Folge einer Tuberkulose-Erkrankung auf mehr als hundert nummerierten Zetteln Aphorismen. Rainer Stach kommentiert jeden einzelnen und bringt sie thematisch miteinander in Verbindung. In einem Nachwort erklärt der ausgewiesene Kafka-Fachmann, dass der Schriftsteller die ästhetische Wirkung stets „zugunsten einer maximalen sprachlichen und bildlichen Verdichtung, bis an den Rand der Verstehbarkeit und manchmal noch einen Schritt darüber hinaus“ opfert. Die Texte sind genauso hermetisch wie andere bekannte Kafka-Produktionen. Sie bestechen durch eine sonderbare Gleichzeitigkeit von scheinbar Unvereinbarem. Sie zeigen laut Stach nichts, sie demonstrieren nichts, sie ziehen ihre Bahn, folgen allein der Bewegung des Gedankens. Stach erläutert den biographischen Hintergrund der Entstehung der surrealen Denkbilder, die das Denken beim Leser in Gang setzen. Er zeigt auch auf, dass sich Spuren von Platons Ideenlehre in Kafkas Texten wiederfinden; immer wieder wird der Unterschied zwischen der geistigen und der sinnlichen Welt aufgezeigt. Die Aphorismen sprechen von diesen zwei Welten, bestehen aber darauf, dass es eigentlich nur die geistige gibt (vgl. Aphorismen 54 und 62). Themen und Metaphern, die Kafka häufiger verwendet, sind z.B. der Weg, der Kampf, der Gegner, Kommunikationsstörungen durch eine Überfülle an leeren Informationen, das Böse, Täter-Opfer, die Krähen („kavka“ ist tschechisch für „Dohle“), die Schwelle etc.

Didaktische Hinweise

Zum titelgebenden Aphorismus 22 („Du bist die Aufgabe. Kein Schüler weit und breit.“) schreibt Stach: „Die überraschende Behauptung (...) hat einen verborgenen Hintersinn. Denn wenn Ich und Aufgabe tatsächlich ein und dasselbe sind, so bedeutet dies den Untergang des Ichs im selben Augenblick, da die Aufgabe gelöst ist.“

Einzelne Aphorismen wie Nummer 22 können im Oberstufenunterricht hervorragend eingesetzt werden, da man anhand dieser kleinen Denkbilder Kafkas Bildlogik aufzeigen und in Verbindung mit Texten bringen kann, die dann eventuell als Ganzschrift gelesen werden, wie z.B. „Das Schloss“, der „Brief an den Vater“ oder „Der Process“. Für die Lehrkraft sind die Erläuterungen des Kafka-Experten Rainer Stach im Nachwort und zu jedem einzelnen Aphorismus sehr hilfreich.

Denkbar ist auch eine kreative Auseinandersetzung mit Kafkas rätselhaften Texten, z.B. über das Medium Film. 

Eine besondere Aktualität erhält Franz Kafka 2024 durch die ARD/ORF-Miniserie „Kafka“, die nach Drehbüchern von Daniel Kehlmann zum 100. Todestag des Schriftstellers entsteht.

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Philosophie
  • Deutsch

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2019

ISBN

9783835335103

Umfang

252 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book