Sibylle Grimbert: Der Letzte seiner Art

Besprechung

Bei dem Roman mit dem Titel „Der Letzte seiner Art“ der französischen Schriftstellerin Sibylle Grimbert handelt es sich um einen exemplarischen Natur- und Umweltroman, in dem anhand des Schicksals eines Riesenalks – dem letzten seiner Art – der Frage nachgegangen wird, welche Auswirkungen das Eingreifen des Menschen auf das Gleichgewicht der Natur hat. Im Mittelpunkt der Handlung steht der junge Zoologe Gus, der in Diensten des Naturhistorischen Museums von Lille während einer Inselexpedition in der Nähe von Island in den 1830er Jahren Zeuge einer systematischen und blutigen Massentötung einer ganzen Riesenalkpopulation durch die Matrosen wird, die es auf das besonders nahrhafte Fleisch der Vögel abgesehen haben. Zudem gelten einzelne Körperteile der Vögel als wertvolle Trophäen, die sich teuer an Museen und Sammler verkaufen lassen. Durch Zufall rettet Gus auf dieser Expedition einen verletzten Riesenalk, den er für Forschungszwecke mit nach Hause nimmt. Zuhause angekommen beobachtet Gus fasziniert den Vogel und notiert sich jede Bewegung und Veränderung des Tieres in sein Studienbuch, dessen Gewohnheiten, die er immer mehr versteht und der zunehmend zu ihm Vertrauen fasst. So entwickelt sich nach und nach eine tiefe Freundschaft zwischen Gus und dem Vogel, den der schließlich auf den Namen Prosp tauft. Trotz der engen Symbiose zwischen Gus und Prosp, den er nachts im Schutze der Dunkelheit an einer langen Leine zum Schwimmen bringt, um ihn vor gierigen Trophäenjagern zu schützen, kommen Gus aber auch zunehmend Zweifel an der Lebensweise des Vogels und so macht er sich eines Tages auf, um eine der letzten Riesenalkpopulationen aufzusuchen, die er nach langen Nachforschungen ausfindig gemacht hat. Als Gus Prosp jedoch mit seinen Artgenossen konfrontiert, stellt sich heraus, dass die Domestizierung des Vogels Props mittlerweile von seinen Artgenossen entfremdet hat. Gus und Prosp kehren nach Hause zurück, wo der Vogel fortan sein Leben als Familienmitglied an Gus' Seite weiterführt. Gus, der mittlerweile geheiratet hat, zieht mit seiner Frau und den beiden Kindern nach Dänemark, wo er eine Stelle an der Universität angetreten hat. Doch obwohl Prosp, der für die Studenten den Status eines bizarren Haustiers hat, ein scheinbar zufriedenes Leben führt, regen sich in Gus erneut Zweifel an der Haltung des Tieres. Ihm wird immer bewusster, dass gerade sein eigenes Eingreifen als vermeintlicher Retter und die damit verbundene Entfremdung des Riesenalks von seinen Artgenossen zum endgültigen Aussterben der Art beigetragen hat. Diese Erkenntnis stürzt Gus in eine tiefe Krise. Er verlässt seine Familie erneut und lebt fortan mit Prosp in einer einsamen Ecke Nordislands, wo er für sich und den Vogel eine Hütte baut. Jahre vergehen, Gus wird schwer krank, erholt sich und kehrt schließlich zu seiner Familie zurück, nachdem Prosp eines Tages in den Wellen des Meeres abgetaucht und nicht mehr wiedergekommen ist.