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Lesen an Sonderpädagogischen Förderzentren

Kompetenzstufenmodell des erweiterten Lesens

Während die Stufe des Orthographischen Lesens mit der Kompetenzstufe 1 nach IGLU und PISA gleichzusetzen ist, werden in weiteren Stufen des revidierten Modells des erweiterten Lesens nach Koch Formen des Symbollesens und Bildlesens berücksichtigt.https://www.portale.isb.bayern.de/typo3/#_msocom_2 

Bei der Leseförderung von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf gilt es, diese Stufen im Sinne einer Leseentwicklung zu berücksichtigten. Darüber hinaus sind sie aber auch als gleichberechtigte Lesearten, ergänzt durch das Situationslesen, anzusehen, mit denen Schülerinnen und Schüler Informationen entschlüsseln (vgl. Ratz 2013, S. 358; Dönges 2007, S. 34).

Fachspezifische Methoden für das Lesen und Besonderheiten in verschiedenen Förderschwerpunkten

Der Erwerb der Schriftsprache ist neben der Vermittlung lebenspraktischer Fertigkeiten eine der zentralen Aufgaben in Förderzentren. Wobei die individuellen Lernausgangslagen der Schülerinnen und Schüler die Grundlage für den Schriftspracherwerb darstellen, den nicht alle Schülerinnen und Schüler, vor allem solche mit dem Förderbedarf geistige Entwicklung, vollziehen können.

Flüssiges, angemessen schnelles und genaues Lesen bildet die Grundlage für die erfolgreiche Anwendung von Lesestrategien zur Erschließung von Texten. Dem Üben der Leseflüssigkeit, der Lesegenauigkeit und des Lesetempos kommt vor allem in der Grundschulstufe der Förderschulen besondere Bedeutung zu. Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit gesprochenen und schriftlichen Texten auseinander, sie erschließen Hör- und Hörseh- sowie Lesetexte, indem sie geeignete Methoden und Texterschließungsmöglichkeiten nutzen.

Die Lehrpläne der unterschiedlichen Förderschwerpunkte sind auf der Grundlage des LehrplanPLUS erstellt, zusätzlich beschreiben sie die Entwicklungsbereiche Wahrnehmung und Motorik, Denken und Lernstrategien, Sprache und Kommunikation sowie Emotionen und soziales Handeln.

Die Schülerinnen und Schüler arbeiten mit den Textsorten des LehrplanPLUS je nach Förderschwerpunkt und individuellem Entwicklungsstand.

In fachspezifischen Situationen begegnen Schülerinnen und Schüler Texten, die Gestaltung der entsprechenden Situationen orientiert sich am individuellen Förderbedarf.

Weitere Informationen zu den Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung finden Sie auf der entsprechenden Seite des ISB.

Förderschulen

Bei Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung wird ein erweiterter Lesebegriff zugrunde gelegt. Lesen können heißt selbständiges Entnehmen von Inhalten und Informationen:

  • aus der dinglich-gegenständlichen Wirklichkeit = Gegenstandslesen
  • aus der bildlich-dargestellten Wirklichkeit = Bilder-, Symbol- und Piktogrammlesen
  • aus der in Schriftzeichen gefassten Wirklichkeit

Lesen beschränkt sich somit nicht auf das Erfassen von Buchstaben und Schrift. Lesen umfasst in diesem Sinne vielmehr auch das Verstehen und Deuten von Gegenständen als Bezugsobjekte (z. B. Waschlappen für die Situation des Waschens), Bildern, Bildzeichen, Symbolen, Signalen, u.a.

Bei der Leseförderung von Schülerinnen und Schülern mit dem Förderbedarf geistige Entwicklung gilt es, die Stufen des erweiterten Lesemodells im Sinn einer Leseentwicklung zu berücksichtigten, die die Schülerinnen und Schüler in ihrem individuellen Tempo phasenweise durchlaufen. Darüber hinaus sind sie aber auch als gleichberechtigte Lesearten, ergänzt durch das „Situationslesen“ anzusehen, die den Schülerinnen und Schülern die Teilhabe an einer zeichehaft verfassten Wirklichkeit ermöglichen (vgl. Ratz 2013, S. 358; Döngens 2007, S. 340).

Auch beim Lesenlernen und der Entwicklung der Lesefertigkeit wird deutlich, dass Schüler und Schülerinnen mit Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung (kmE) oftmals Unterstützung brauchen.

Die Motorik ist zusammen mit der Wahrnehmung für die Gesamtentwicklung von grundlegender Bedeutung. Störungen der motorischen Fähigkeiten bedeuten eine entscheidende Herausforderung für Schülerinnen und Schüler. Ein Kind, das nicht in der Lage ist, seine Körperbewegungen fein zu dosieren, hat auch Schwierigkeiten beim Umblättern der Seiten, bei der Orientierung auf dem Blatt etc.

Somit kommen basalen und ganzheitlichen Erfahrungen beim Erwerb der Schriftsprache besondere Bedeutung zu.

  • Ein geeigneter ergonomischer Arbeitsplatz ist für jede Schülerin und jeden Schüler unter Einbezug therapeutischer Gesichtspunkte individuell zu gestalten.
  • Die Schülerinnen und Schüler benötigen verschiedene Arbeitsmittel, um im Unterricht ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten entsprechend lernen und mitarbeiten zu können.
  • Die einzelnen Arbeitsmittel, wie auch Mittel der Unterstützten Kommunikation müssen individuell auf die Betroffenen abgestimmt werden.

Ausführlicheres zum Förderschwerpunkt körperlich-motorische Entwicklung.

Die Leseförderung im Förderschwerpunkt Hören erfolgt auf Grundlage der individuellen sprachlichen Entwicklung und der jeweiligen Lesekompetenz der Schülerin/des Schülers. Der individuelle Entwicklungsstand wird mithilfe von prozessbegleitenden Beobachtungen sowie regelmäßiger Förderdiagnostik erfasst.

Lesefertigkeit:

  • Förderung der phonologischen Bewusstheit als Basis im Leselernprozess: v. a. durch Verwendung des phonembestimmten Manualsystems, durch auditive Identifikation, Lokalisation und Differenzierung einzelner Laute je nach dem individuellen Hörvermögen, durch Reimen, Silbensegmentieren, Synthese einzelner Laute zu Wörtern, Segmentation von Wörtern in Laute
  • Regelmäßige Übungen zur Automatisierung des ganzheitlich-simultanen Erfassens häufiger Buchstabenverbindungen, Wortteile und Wörter
  • Ritualisierte Übungsformate zum Training der Leseflüssigkeit: u.a. Blitzlesen, Wiederholtes Lautlesen, Tandemlesen, ggf. bei Bedarf grundlegende Übungen aus dem Bereich der Rhythmisch-musikalischen Erziehung

Adaption/Vereinfachung von Lesetexten:

  • Angemessene Schriftgröße, Zeilenabstand und gut lesbare Schriftart!
  • Silbenmarkierungen bei mehrsilbigen Wörtern, z. B. durch farbige Markierung, Silbenbögen
  • Texte optisch aufbereiten, z.B. nach Sinnabschnitten gliedern, Visualisierungshilfen, Abbildungen/Bilder einsetzen
  • Lesetexte entsprechend der Lesekompetenz der Schülerin/des Schülers kürzen oder nur hervorgehobene Abschnitte lesen lassen
  • Wortschatz vereinfachen: z. B. bekannte Wörter bzw. vorab erarbeitete Wörter im Text verwenden
  • Zeilensprünge vermeiden
  • Einfache Syntax (keine Nebensätze) sowie Aktiv (statt Passiv), Präsens und Direkte Rede verwenden
  • Mit zeitlich logisch ablaufenden Texten beginnen

Wortschatzarbeit:

Wortschatzentlastung vor dem Lesen: Klärung neuer bzw. komplexer Begriffe aus dem Text in ritualisierten Phasen:

  • Abfragen des Bekanntheitsgrades wesentlicher Begriffe und Wörter zum Beispiel durch Heben von Stiften oder Karten in den Ampelfarben: Grün bedeutet: Dieses Wort kenne ich und kann es erklären; Gelb bedeutet: Dieses Wort kommt mir bekannt vor, ich kann es aber nicht erklären; Rot bedeutet: Dieses Wort ist mir völlig unbekannt. Ich brauche eine Erklärung.
  • Synonyme, Beispiele, Worterklärungen erarbeiten, ggf. in Gebärdensprache
  • Begriffe visualisieren, z. B. durch Bildkarten, Gebärdenbilder und Realgegenstände
  • Ritualisierte Lexikonarbeit einführen (gleichbleibende Struktur zur Erarbeitung neuer Wörter, z.B. Begriff umschreiben, Satz mit dem Begriff bilden, Artikel finden, Wortart bestimmen, Silbenstruktur des Begriffes durch Klatschen erfassen, etc.)

Wortschatzarbeit mit dem Text/nach dem Lesen:

  • Nachfragehaltung aufbauen: Unbekannte Wörter im Text identifizieren und klären, z. B. Online-Nachschlagewerke und Wörterbuch nutzen, Synonyme/Gegenteil/Erklärung finden, Integrieren von Erklärungen durch Schülerinnen und Schüler, denen dieses Wort bekannt ist, in möglichst freier Rede
  • Wortschatzheft/ebook/Mindmap zu Begriffen eines Textes bzw. eines bestimmten Themas anlegen

Arbeit mit dem Text:

  • Fragen zum Text auf individuellem Lesekompetenzniveau der Schülerin/des Schülers formulieren, z. B. nur explizite Informationen erfassen
  • Vermutungen zum Fortgang der Geschichte anstellen lassen/Aktivierung in Partner- oder Gruppenarbeit
  • Das Gelesene mit Hilfe von Satzstartern wiederholen lassen, z.B. „Als erstes“, „dann“, „danach“, „am Ende“, …
  • Textabschnitte oder Bilder in die richtige Reihenfolge bringen lassen
  • Widersprüche in Fehlertexten finden (z. B. entsprechende Fragen stellen oder eine Geschichte mit unlogischem Ende bearbeiten lassen, inhaltliche Lücken, logisch ergänzen)
  • Den Textinhalt visualisieren, z.B. anhand einer Mindmap/eines Roten Fadens/einer Abbildung/einer Skizze/eines Steckbriefs zu der oder den Hauptfiguren
  • Arbeit mit Lesestrategien an die individuellen Fähigkeiten der Schülerin/des Schülers anpassen, z. B. Schlüsselwörter mit Unterstützung finden (bestimmte Wörter vorgeben), Abschnitte mithilfe von Satzbausteinen zusammenfassen
  • Gelesenes ggf. durch Impulssetzung im Rahmen des Hörtrainings wiederholen oder zusammenfassen lassen, z. B. durch Geräusche (wie das Knarzen der Kellertür) oder Monologe/Dialoge auf einer Audio-Datei, …
  • Gelesenes durch die Schülerinnen und Schüler vertonen lassen: Wir suchen passende Geräusche zur Geschichte; Wir sprechen Dialoge mit sinnvoller Betonung, … selbst.
  • Das Verständnis der Inhalte ggf. durch ein bewusstes Nachempfinden von Körperhaltung, Gestik und Mimik oder durch den Einsatz von Rollenspielen fördern.

Die Leseförderung im Förderschwerpunkt Lernen stellt die individuelle Lernentwicklung der Schülerin oder des Schülers in den Mittelpunkt. Auf der Grundlage der Förderdiagnostik (Erhebung des aktuellen Kompetenzstandes und lernprozessbegleitende Beobachtungen) wählt die Lehrkraft eine individuelle Kompetenz als Ziel des Lernprozesses aus.

Lesemotivation erhöhen

  • positive Selbstwahrnehmung in Bezug auf die eigene Lesekompetenz entwickeln
  • Lesen mit emotionalen Erlebnissen verbinden
  • Lektüre an der Interessenslage der Schülerin bzw. des Schülers ausrichten

Leseinteresse steigern

  • Passung von altersspezifischen Leseinteressen und entwicklungsgemäßer Gestaltung des Textes (übersichtlicher Umfang, große Schrift, Auflockerung durch Bilder und leicht verständliche Sprache)
  • Textverständnis und Informationsgewinnung erleichtern

Lesekompetenz erwerben

  • Lesefertigkeiten trainieren
  • Lesefähigkeiten erwerben und erweitern
  • Texte handlungs- und produktorientiert erschließen

Lesesozialisation ermöglichen

  • Angebot an lesebezogene Aktivitäten (z. B. Lektüreempfehlungen geben, Bibliothek besuchen, gemeinsam Lesen)
  • Gestaltung einer leseanregenden Umgebung (z. B. freie Lesestunden)

Die Leseförderung im Förderschwerpunkt Sprache erfolgt auf Grundlage der individuellen sprachlichen Entwicklung und der jeweiligen Lesekompetenz der Schülerin/des Schülers. Der individuelle Entwicklungsstand wird mithilfe von prozessbegleitenden Beobachtungen sowie regelmäßiger Förderdiagnostik erfasst.

Lesefertigkeit:

  • Förderung der phonologischen Bewusstheit als Basis im Leselernprozess: v.a. Reimen, Silbensegmentieren, Synthese einzelner Laute zu Wörtern, Segmentation von Wörtern in Laute, auditive Identifikation, Lokalisation und Differenzierung einzelner Laute
  • Regelmäßige Übungen zur Automatisierung des ganzheitlich-simultanen Erfassens häufiger Buchstabenverbindungen, Wortteile und Wörter
  • Ritualisierte Übungsformate zum Training der Leseflüssigkeit: u.a. Tandemlesen, Wiederholtes Lautlesen, Blitzlesen

Adaption/Vereinfachung von Lesetexten:

  • Angemessene Schriftgröße, Zeilenabstand und gut lesbare Schriftart!
  • Silbenmarkierungen bei mehrsilbigen Wörtern, z.B. durch farbige Markierung, Silbenbögen
  • Texte optisch aufbereiten, z.B. nach Sinnabschnitten gliedern, Visualisierungshilfen, Abbildungen/Bilder einsetzen
  • Lesetexte entsprechend der Lesekompetenz der Schülerin/des Schülers kürzen oder nur hervorgehobene Abschnitte lesen lassen
  • Wortschatz vereinfachen: z.B. bekannte Wörter bzw. vorab erarbeitete Wörter im Text verwenden
  • Zeilensprünge vermeiden
  • Einfache Syntax (keine Nebensätze) sowie Aktiv (statt Passiv), Präsens und Direkte Rede verwenden

Wortschatzarbeit:

Wortschatzentlastung vor dem Lesen: Klärung neuer bzw. komplexer Begriffe aus dem Text in ritualisierten Phasen:

  • Synonyme, Beispiele, Worterklärungen erarbeiten
  • Begriffe visualisieren, z.B. durch Bildkarten und Realgegenstände
  • Ritualisierte Lexikonarbeit einführen (gleichbleibende Struktur zur Erarbeitung neuer Wörter, z.B. Begriff umschreiben, Satz mit dem Begriff bilden, Artikel finden, Wortart bestimmen, Silbenstruktur des Begriffes durch Klatschen erfassen, etc.) 

Wortschatzarbeit mit dem Text/nach dem Lesen:

  • Nachfragehaltung aufbauen: Unbekannte Wörter im Text identifizieren und klären, z.B. Online-Nachschlagewerke und Wörterbuch nutzen, Synonyme/Gegenteil/Erklärung finden
  • Wortschatzheft/ebook/Mindmap zu Begriffen eines Textes bzw. eines bestimmten Themas anlegen

Arbeit mit dem Text:

  • Fragen zum Text auf individuellem Lesekompetenzniveau der Schülerin/des Schülers formulieren, z.B. nur explizite Informationen erfassen
  • Vermutungen zum Fortgang der Geschichte anstellen lassen/Aktivierung in Partner- oder Gruppenarbeit
  • Das Gelesene mit Hilfe von Satzstartern wiederholen lassen, z.B. „Als erstes“, „dann“, „danach“, „am Ende“, …
  • Den Textinhalt visualisieren, z.B. anhand einer Mindmap/eines Roten Fadens/einer Abbildung/einer Skizze
  • Arbeit mit Lesestrategien an die individuellen Fähigkeiten der Schülerin/des Schülers anpassen, z.B. Schlüsselwörter mit Unterstützung finden (bestimmte Wörter vorgeben), Abschnitte mithilfe von Satzbausteinen zusammenfassen

Die Methoden der Förderschwerpunkte Lernen und Sprache gelten auch für den Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung.

Besondere Beachtung gebührt der inhaltlichen Auswahl von Texten und Büchern. Neben der erhöhten Bedeutung grundsätzlicher (Lese-)Motivation im Förderschwerpunkt esE trifft (problemorientierte) Kinder- und Jugendliteratur hier auf Leser und Leserinnen, die häufig selbst äußerst belastende Erfahrungen gemacht haben und machen.

Entsprechend können diese Schüler und Schülerinnen einen spezifischeren Zugang zu beschriebenen Problemen und Lösungen haben, der sich in intensiver Auseinandersetzung oder aber auch in Ablehnung äußern kann.

Bei passgenauer Auswahl und Begleitung eignet sich Kinder- und Jugendliteratur oft, um belastende Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen „unbewusst-stellvertretend“ zu thematisieren oder aber auch im Transfer bewusst auf das eigene Leben zu beziehen.